Lasst uns unseren Blick auf ein sehr wichtiges Thema werfen und klar machen: Frau ist ganz und gar nicht konfliktscheu, im Gegenteil: In uns brodelt eine Aggression, die uns zu wahren Löwinnen macht!
Beginnen wir von vorne: Aggression, was ist das eigentlich?
Einfacher gesagt als getan, denn schnell wird klar, noch immer ist eine klare, zeitgemäße Definition nicht zu finden.
Schauen wir uns die Wortherkunft an, lässt sich der Ursprung auf das Lateinische zurückführen »gressio« (Schreiten, Schritt, Gehen) plus die Vorsilbe »ad« (heran) ergibt zusammen eine Bedeutung von „an eine Sache heran gehen“ oder „etwas in Angriff nehmen“ und ist als friedliches Auf-etwas-zu-Bewegen zu verstehen. Demnach keinerlei Hinweise auf die heute gängige Idee, Aggression sei eine Verhaltensweise, die darauf aus ist, einer anderen Person mit Absicht zu schädigen. Aggression ist viel mehr als Artikulationsform, es ist das Vermögen zur eigenen Resistivität. Eine Eigenschaft, die uns resilient und widerstandsfähig macht und somit unseren Selbstwert stärkt.
Aggression kann in unterschiedlichen Formen erlebt werden, so zum Beispiel durch
- Physische Schädigung (Gewalt)
- Verbaler Angriff
- Beeinträchtigung der sozialen Beziehungen in Bezug auf eine andere Personen (soz. Aggression/ relationale Aggression)
Was sagen die Philosoph*innen und Psycholog*innen?
Unser Freund Freud beschrieb Aggression (wie oben bereits benannt) Anfang 1900 als ein triebhaftes Verhalten zu Gute des Kampfes um die eigene Existenz und wurde vorrangig dem Mann zugeschrieben. Zu finden zum Beispiel in der Sexualität zum Zweck der Fortpflanzung, während die Frau den versorgenden, nachgiebigen Part besetzen sollte. Im Mittelpunkt steht die Evolutionstheorie (Aggression als Ergebnis natürlicher Selektion).
1939 verlagerte sich dann der Fokus auf den Begriff: ,Frustration‘, welcher durch das Nichteintreten eines gewünschten Zustandes ausgelöst wird. Von nun an ist Aggression also keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern eine aktive Handlung, die sich auf ein Objekt/ einen Zustand richtet. Hier kommt die Frustrations-Aggressions-Theorie ins Spiel.
Weitere auftretende Perspektiven argumentieren aus dem Bereich der Verhaltensgenetik (Aggression als genetisch beeinflusstes Verhaltensmuster) und die Theorie hormoneller Bedingtheit, der Aggression (Kortisol, Testosteron) sowie der Lerntheorie.
Nun aber Schluss mit der Fachsimpelei, fest steht:
Aggressivität zeigt, dass etwas ungerecht ist, dass es gilt, sich zu behaupten, vielleicht sogar zu verteidigen. Wir beschützen, wir kämpfen, wir zeigen: Hier ist etwas wichtig. „Wir sind alle in der Lage, jederzeit unsere Realität neu zu gestalten.“, behauptet Prof. Jens Weidner (Erziehungswissenschaften und Kriminologie). Weidner beschäftigt sich vor allem mit der positiven Aggression, die er als Durchsetzungsstärke definiert und als hochgradig produktiv bewertet. Dem entgegen steht die negative Aggression, welche – wenn sie nicht in Gewalt mündet, jedoch ebenso ihre Daseinsberechtigung hat. Denn viele von uns wissen, wie powerful manchmal so ein richtiges Wüten sein kann. Manchmal, das weißt du auch, müssen wir an den Grundpfeilern rütteln, alles zum Einsturz bringen, um auf den Ruinen etwas Neues zu erbauen. Viel bekannt ist aber auch der Begriff „indirekte Aggression“, diese wiederum wird meist Frauen zugeschrieben. Gemeint ist das sogenannte „Tratschen“ und „Gerüchte streuen“, sprich: ein absichtliches Stiften von Unruhe zur eigenen Positionierung. Was für ein Klischee, wie wir finden.
Aber worüber wir eigentlich sprechen wollten: Konflikte! Vielen von uns macht schon der Gedanke an eine Konfrontation, ein unangenehmes Gefühl. Am liebsten würden wir die Auseinandersetzung meiden und darauf hoffen, dass sich alles friedlich löst.
Ab heute nicht mehr!
Denn du darfst dir jetzt deiner Superpower bewusst werden: Deiner Aggression!
Konflikte sind nicht böse, im Gegenteil: sie zeigen Diversität, da im Interessenspool mehrere heterogene Meinungen aufzufinden sind – was ja erstmal gut ist! Gilt es sich jedoch zu entscheiden, einen Beschluss zu fassen, oder einen Weg einzuschlagen, ist Durchsetzungsstärke gefragt.
Voraussetzung:
DU weißt, was du willst.
Du weißt, warum deine Position die (für dich) beste Wahl ist.
Also warum unterkriegen lassen?
Es ist nicht deine Aufgabe, dich einfühlsam in dein Gegenüber einzufühlen und für alle die beste Lösung zu finden. Jede kämpft in einem Konflikt für sich. Denn nur, wenn dies als Grundsatz gilt und der Konflikt abseits der Situation wieder aufgelöst wird und sich die Auseinandersetzung nicht ins Private verschiebt, sondern im Themenfeld bleibt, kann dies der perfekte Boden für (d)eine positive Aggressivität sein. Bedenke: es ist mehr als würdevoll, sich fachlich, sachlich und klar zu positionieren. Ratsam sind hier Ich-Botschaften, zeige deine Grenzen auf!
Behalte dein Ziel im Auge und rufe es dir während des Gesprächs immer wieder in Gedächtnis:
Was willst du erreichen und warum?
Es hilft hier, im Vorhinein ein klares Bild zu visualisieren, ein Ergebnis, das du anstrebst. Dies kannst du mit Emotionen aufladen und somit deine Aggression auf die Verteidigung dieses Wunschbildes lenken. Eine Methode, die dir ebenso hilft, aggressiv, aber eben nicht ungerecht vorzugehen. DU überzeugst, statt dich in langen Streitgesprächen zu verhaspeln.
Wichtig: Sei dir deines eigenen Wertes bewusst! Nur wenn du ein klares Standing und die Überzeugung deiner Mission hast, vermeidest du, dich zu verteidigen. Konjunktive streichen sich so von ganz allein aus deinem Wortschatz. Du musst nicht erst um deine Autorität kämpfen, sondern kannst direkt loslegen. Du bist stark, zeige das ruhig in deiner ganzen Haltung! Traue dich, authentisch stark zu artikulieren, deine Gestik groß werden zu lassen, ohne das Gefühl, du würdest dich künstlich aufplustern. Gibst du dich deiner Aggression hin, wirst du vermutlich aufrecht stehen, angemessen laut sprechen und eine natürliche Macht aufbauen.
Vergiss nicht: Menschen, mit denen du hervorragend streiten kannst und die dir nach der Verhandlung wieder positiv gesinnt sind, solltest du dir als wertvolle Zeitkumpanen bewahren, denn sie fordern dich auf, dich weiter zu entwickeln, zeigen dir andere Perspektiven auf und lassen dich über deinen Schatten springen. Plus – gerade wenn neben der beruflichen Beziehung auch noch eine Freundschaft im Raum steht: Ist es nicht das Schönste, zu wissen, dass man sich nahezu alles an den Kopf werfen kann und am Ende ist auf der menschlichen Ebene alles unverändert.
Bedenke: Nach innen gerichtete Aggression ist ungesund! Egal, ob im Privaten oder im Beruf: Aggressionen, die keinen Raum bekommen, werden sich ihren Raum nehmen. Oft folgen Essstörungen und Depressionen, da wir unsere innere Kraft nicht einfach ignorieren können, so kehrt sie sich um und richtet sich auf ganz und gar destruktive Weise nach innen. Also: Wenn du deine Aggression spürst, begrüße sie voller Überzeugung und schenke ihr Leidenschaft!