LEADERIN - Was ist Diversity Management

Was ist eigentlich Diversity Management?

Und braucht Man(n) das?

„Diversity Management“ ein Slogan, der in der Wirtschaft zwar bekannt, vielleicht sogar angestrebt, aber noch lange nicht gelebt wird. Was nicht ist, kann ja noch werden, und daher wollen wir heute einen Blick darauf werfen, was überhaupt gemeint ist. Denn nur wenn Konsens über konkrete Maßnahmen herrscht, können wir leere Worthülsen und Schlagworte in die Realität überführen.

Das Grundverständnis kapieren

Schauen wir uns also mal die Säulen des Diversity Managements genauer an: Was ist eigentlich unter Vielfalt zu verstehen? Welche Variablen stehen zur Debatte? Hier lassen sich drei Dimensionen benennen:

Im Kern steht die Persönlichkeit eines Menschen/ eines*r Arbeitnehmers*in. Darauf folgt die Primärdimension, auch Kern-Dimension genannt, da sich diese kaum verändern (lassen):

  • Alter
  • Ethnische Herkunft & Nationalität
  • Geschlechtliche Identität
  • Körperliche und geistige Fähigkeiten
  • Religion & Weltanschauung
  • Sexuelle Orientierung
  • Soziale Herkunft

 

Darauf folgt die zweite bzw. Sekundärdimension, die äußere Ebene:

  • Geografische Lage
  • Einkommen
  • Gewohnheiten
  • Freizeitverhalten
  • Auftreten
  • Elternschaft
  • Familienstand
  • Ausbildung
  • Berufserfahrung

 

In der dritten Dimension/ Tertiärdimensionen steht die organisationale Ebene, die sich auf Arbeitskontexte bezieht:

  • Funktion/ Einstufung
  • Arbeitsinhalte/-feld
  • Abteilung, Einheit
  • Dauer der Zugehörigkeit
  • Gewerkschaftszugehörigkeit
  • Arbeitsort
  • Management Status

 

Aber Achtung, die Dimensionen sind nicht als Priorisierung zu verstehen, sondern versuchen lediglich eine Übersicht zu schaffen. Dabei sind die genannten Aspekte von Primär bis Tertiär zunehmend wandelbar und flexibel.

 

Nun, wo wir eine grobe Idee darüber haben, was Inhalt des Diversity Konzepts ist, gilt es, sich zu fragen, auf welchen Säulen das zugehörige Management fußt.

Bewusstheit: Das Wichtigste ist wohl: die Anerkennung der multiperspektivischen Blickwinkel, die durch die Diversität von Mitarbeiter*innen in eine Unternehmung eingebracht werden können!

Kompetenzen: Die wahrgenommene Vielfalt soll jedoch nicht nur gesehen und akzeptiert, sondern aktiv genutzt werden. Die Förderung von Kompetenzen kann dafür sorgen, Leitung und Führung an genau die richtigen Expert*innen zu vergeben.

Ökonomischer Gedanke: Vielfältigkeit profitiert, denn wenn jede*r Mitarbeiter*in ihre Stärken ausleben darf, sich wohl und vor allem sicher fühlt, entsteht ein Klima, das offen für Optimierung, Anpassung und Innovation ist!

 

Gender Diversity

Ein ebenso mittlerweile eingegroovter Begriff ist „Geschlechtervielfalt“ oder auch „geschlechtsspezifische Diversität“ übersetzt wohl am genauesten mit „Geschlechter Vielfalt“. Historisch betrachtet hat Diversity Management seinen Ursprung bereits in den 1960er Jahren und war in den USA ein Konzept, welches aus der Mitte einer Frauenbewegung entstand. In Deutschland hingegen wurde Diversity Management eher als Instrument zur Vermeidung von Diskriminierung sowie zur Stärkung der Minderheiten genutzt und war somit als ein Teil der Sozialpolitik zu verstehen und nicht wie heute: Eine Herangehensweise, die sich positiv auf wirtschaftlichen Erfolg und die Unternehmenskultur auswirkt. Ebenso etabliert hat sich der Begriff „Gender Mainstreaming“, auch hier wird die Geschlechtergleichheit in den Vordergrund gerückt. Die Ziele sind der Abbau von Geschlechterhierarchien und die generelle Gleichstellung von Männern und Frauen.

 

Management

„Im Zuge von Diversity Management (dt. Vielfaltsmanagement), wird versucht, die Heterogenität (zum Beispiel hinsichtlich Geschlecht, Alter, Nationalität; Krell et al., 2006; Plummer, 2003) von Mitgliedern einer Organisation explizit wertschätzend zu berücksichtigen und effizient einzusetzen“ , heißt es in  „Diversity Kompetenz und Führungspersönlichkeit“ (Genkova)

Diversity Management ist ein Teilbereich des Personalmanagements. Um das Vorhaben gewinnbringend in ein Unternehmen zu integrieren, ist es notwendig, dass diese Haltung, Offenheit und Möglichkeitssinn von Führungskräften vorgelebt wird. Das heißt, hier werden für die Zukunft Kompetenzen benötigt, die im Allgemeinen gesehen, vermehrt dem Weiblichen zugeschrieben werden: Sensibilität und emotionale und kulturelle Intelligenz (ebd.). Deutlich wird auch: Führungskräfte müssen, wenn sie auch in Zukunft ein erfolgreiches Team aufbauen wollen, sich wirklich dem Führen, Leiten und Coachen ihres Teams widmen. Gerade zu Beginn erscheint es wichtig, ansprechbar und verfügbar zu sein, die Bedenken ernst zu nehmen, aber auch optimistisch auf die Chancen hinzuweisen. Statt Assimilation oder Separation sollte Integration oberstes Ziel sein.

 

Warum  das Ganze?

Wir kommen nicht drumherum: Unsere Gesellschaft ist geprägt von zunehmendem Pluralismus! Und wer verpasst, sich diesem Fakt zu eigen zu machen, wird über kurz oder lang nicht zu den Gewinnerinnen gehören.

 

Spiegel der Gesellschaft

Globalisierte Märkte und eine immer diversere Bevölkerungsschicht machenes mehr als notwendig, diese Realität auch in die Unternehmenskultur zu integrieren. Denn nur so kann gewährleistet werden, auch in Zukunft Produkte und Dienstleistungen zu erschaffen, die auch den echten Bedürfnissen der Kund*innen entsprechen. Außerdem …

 

Fachkräftemangel ade!

Maßgebliche „Arbeit“ oder besser gesagt ein flächendeckendes Umdenken ist im Bereich des Recruitings gefragt. Denn: die zunehmende Schwierigkeit, Stellen mit den gewünschten Kompetenzen zu besetzen macht es notwendig, sich als attraktive*r Arbeitgeber*innen zu präsentieren und den Blick zu weiten. So gibt das Bundesamt für Arbeit und Soziales an, dass mittlerweile jeder vierte Betrieb Probleme bei der Stellenbesetzung bekannt gibt und es ist zu erwarten, dass diese Zahl weiter steigen wird. Wer Bewerber*innen abseits der meist eng gestrickten Vorgaben der Ausschreibungen nicht nur zulässt, sondern willkommen heißt, wird überraschend feststellen, dass es sich vielleicht sogar lohnt, sich abseits der geradlinigen Lebensläufe umzuschauen und den Menschen in seiner Einzigartigkeit zu betrachten und zu überprüfen, ob dieser auf die ausgestellte Stelle matcht.

Ja, dies wird die Transformation des Bewerbungsprozesses fordern, aber vermutlich kann – richtig genutzt – diese neue Art der Personalzusammensetzungen einen entscheidenden, langfristigen Unterschied machen und sich auf den Erfolg des Unternehmens auswirken.

 

Arbeitszufriedenheit

Die Förderung von Vielfalt bedeutet mitarbeiterorientiertes Führen. Dies wiederum wirkt sich positiv auf die Zufriedenheit des Teams aus. Fortbildungen, Coaching und vor allem: Miteinander ins Gespräch kommen gehören zu zentralen Tools des Diversity Managements. Führung, aber auf Augenhöhe heißt die Devise und so ist der*die leitende Angestellte angehalten, die Bedürfnisse des Einzelnen ernst zu nehmen und darauf mit Rückhalt des gesamten Teams einzugehen und bei Problemen nach Lösungen zu suchen.  Ein Unternehmensklima, das maßgeblich von Diversität geprägt ist, ist ebenso eines, in dem sich das Individuum im besten Fall gesehen und geschätzt fühlt. Der Fokus liegt auf den Qualitäten und Stärken des*r Einzelnen, kommen diese dem Unternehmenserfolg zugute wirkt sich dieses ebenfalls auf das Gefühl der Selbstwirksamkeit aus. Dies wiederum motiviert, sich auch zukünftig zu engagieren, zu qualifizieren und aktiv einzubringen. Zufriedenheit wirkt sich daher auch auf eine innovative Entwicklung aus.

Persönlichkeitsentwicklung

Diversity Management ist ein ganzheitliches Konzept, welches Einfluss auf alle Teilbereiche des Unternehmens hat. Es birgt daher, noch ungeübt, einige Herausforderungen und ist für viele Führungskräfte mit einem Umdenken und Hinterfragen der eigenen Prozesse, Strukturen und Selbstverständlichkeiten verbunden. Gerade deshalb ist es wichtig, dass wir uns selbst reflektieren, auch in unserem persönlichen Umfeld schauen und uns fragen: Wie heterogen ist mein Umfeld? Wie könnte ich dieses vielfältiger gestalten und welche Kompetenzen können somit ggf. generiert werden? Oft gilt es, sich einzugestehen, dass jeder Mensch von gewissen Vorurteilen befangen ist und sich von Zuschreibungen von kausalen Zusammenhängen zu lösen. Denn nur, wenn wir selbst uns vornehmen, in unserer persönlichen Entwicklung ein authentisches Vorbild zu sein, können wir Diversity in unserem Betrieb positiv vorleben und diese „neue“ Haltung an unsere Mitarbeitenden herantragen. Regelmäßige Coachings, Feedbackgespräch und Workshops können dabei helfen, das Mindset in der Unternehmenskultur zu etablieren. Positiver Nebeneffekt: Das Team lernt sich besser kennen, das positive Selbstbild der Arbeitnehmer*innen wird gestärkt und die Motivation gesteigert.

Letztendlich also eine enorme Chance, gemeinsam mit deinem Team zu wachsen und (noch) erfolgreicher in die Zukunft zu starten.

 

Ja, ich will, aber wie?

Ein komplexes Thema, doch wer wagt, den ersten Schritt zu gehen, wird sehen: Der Stein kommt von ganz allein ins Rollen! Hier noch mal drei kleine Sofort-Maßnahmen, die du direkt mal ausprobieren kannst!

  1. Schau dir dein Team/ deine Abteilung an! Nimm dir die oben genannten Variablen der Dimensionen zur Hand und dekliniere einmal:  Wie viele unterschiedliche Angaben kannst du pro Stichpunkt sammeln. Sehr schnell wird dir auffallen, wie es um den aktuellen Stand deiner Unternehmensvielfalt steht.
  2. Wirf mal einen Blick auf deinen/ euren Bewerbungsprozess. Werden hier bereits bestimmte Variablen vorausgesetzt, die aus dem inneren Kern, also der Primärdimension stammen und somit kaum veränderbar sind? Falls ja, probiere doch einmal, dich von diesen Ansprüchen zu lösen. Suche dir Unterstützung und bitte ggf. eine*n Kolleg*in oder Freund*in alle harten Fakten und Bilder aus den Bewerbungen zu streichen. Zu welchem*r Bewerber*in hast du ein gutes Gefühl? Lade er*sie ein und lass dich überraschen.
  3. Bitte dein Team, auf einem Zettel mal fantasievoll zu brainstormen: Was glauben sie, welche Stärke besitzen sie, die noch von keinem Kolleg*in gewusst wurde? Das kann interessant wie lustig, aber auch absolut konstruktiv werden. Vielleicht steckt in deiner Reinigungskraft eigentlich eine fantastische Grafikerin oder deine Buchhalterin hat ein Händchen für Raumdesign? Versucht gemeinsam zu überlegen, wie diese geheimen Stärken in der Zukunft in die gemeinsame Arbeit integriert werden können.

 

Zum Abschluss möchten wir euch noch etwas Wichtiges mit auf den Weg geben: Ja, das Thema ist komplex. Und natürlich stehen wir vor ungeahnten Herausforderungen und werden uns sicherlich auch das ein oder andere Mal überfordert fühlen. ABER: Nimm‘ dich nicht so ernst, Diversity verlangt von dir eine lässigere Einstellung gegenüber Grenzen und Standards, du bist aufgefordert frei zu denken, neue Konzepte auszuprobieren und die Tür für Inspiration weit zu öffnen.

Klingt das nicht aufregend?

 

Krell, G., Pantelmann, H., & Wächter, H. (2006). Diversity(-Dimensionen) und deren Management als Gegenstände der Personalforschung in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In G. Krell & H. Wächter (Hrsg.), Diversity Management: Impulse aus der Personalforschung (S. 25–56). Mering.
Krell, G., Pantelmann, H., & Wächter, H. (2006). Diversity(-Dimensionen) und deren Management als Gegenstände der Personalforschung in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In G. Krell & H. Wächter (Hrsg.), Diversity Management: Impulse aus der Personalforschung (S. 25–56). Mering.
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